• Was bedeutet Disziplin für dich?
  • In welchen Bereichen deines Lebens fällt es dir leicht, diszipliniert zu sein, und wo empfindest du es als besonders schwierig?
  • Welche Rolle spielen Freude und Leid in deiner Erfahrung von Disziplin?
  • Wie erkennst du, ob deine Disziplin aus deinem Willen und deiner Freiheit entspringt und nicht in Zwang umschlägt?
  • Wie beeinflusst deine Praxis von Disziplin dein Verständnis von innerer Stärke und Selbstvertrauen?
  • Welche kleinen, täglichen Gewohnheiten könnten deine Disziplin stärken, ohne dass sie dich überwältigen? Welche tun es schon?
  • In welcher Weise kannst du Disziplin auf eine liebevolle und mitfühlende Weise üben, anstatt dich selbst zu hart zu beurteilen?
  • (Wie) Kannst du die Disziplin in deiner Yoga-Praxis auf andere Lebensbereiche übertragen?

Disziplin ist so ein Thema… Ob das in Yoga-Unterricht so gut reinpasst? Aber doch, gerade heutzutage, in einer Welt der menschlichen Optimierung (Scheduling, To-do-Listen, Routinen für jeden Teil des Tages, perfekte Ernährung usw.), ist es wichtig, sich zu fragen und ehrlich zu beantworten, wo brauche ich Disziplin, wie kann ich meine Disziplin stärken, ohne mich darin gefangen zu lassen? Denn der Sinn des Yoga ist bestimmt nicht, Zwang und Frust zu entwickeln, sondern selbstbestimmte, gesunde Grenzen zu finden.

Gerade im Winter mit Disziplin zu arbeiten, wenn unser innerer Schweinehund am meisten zum Vorschein kommt, ist herausfordernd, aber besonders schön. Es fehlt uns der Enthusiasmus und Aktivismus der schönen Jahreszeiten, und wir müssen uns ein bisschen mehr bemühen, unseren Willen in Gang zu setzen. Und womit anfangen? Mit der körperlichen Praxis, versteht sich, die nun auch etwas feurig sein kann, leicht aus der Komfortzone heraus, aber stets respektvoll der eigenen Grenzen und Empfindungen. Denn Disziplin darf kein Zwang werden, sondern uns auf Selbstreflexion und Akzeptanz unserer Grenzen vorbereiten, wie in den Yogasūtra von Patañjali erklärt:

Tapah svādhyāyā īśvara praṇidhānāni kriyāyogah
(Yogasūtra 2.1)

„Unsere Yogapraxis muss drei Qualitäten vereinigen: Klärung, Selbstreflexion und Akzeptanz unserer Grenzen“ (Übersetzung von T.K.V. Desikachar)

Denn, erklärt uns T.K.V. Desikachar weiter:

„Je klarer und aufmerksamer wir jedoch durch eine Übungspraxis werden, desto mehr entsteht in uns das Bewusstsein, dass wir alle unsere Haltungen und Handlungen immer wieder überprüfen und ihre Folgen mit Offenheit annehmen müssen.“

Wie funktioniert diese Klärung? Andere Übersetzungen der Yogasūtra geben das Wort Tapah als Askese wieder, was uns mehr den Sinn der Disziplin und vor allem der Selbstdisziplin nahebringt. Swami Vivekānanda erklärt dies in seiner kommentierten Übersetzung der Yogasūtra durch ein Bild:

„Die Organe sind die Pferde, der Geist sind die Zügel, der Verstand der Kutscher, die Seele der Reiter und der Körper die Kutsche. […] Die Zügel fest in der Hand halten, während man Körper und Organe lenkt; sie nicht irgendetwas tun lassen, was ihnen beliebt, sondern sie beide unter der richtigen Kontrolle halten.“


Literatur

T.K.V. Desikachar. Über Freiheit und Meditation. Das Yoga Sûtra des Patañjali.

Vivekananda, Swami. Yogasutra: Mit Sanskrit-Text, Übersetzung und Kommentar.


Tapah in weiteren Quellen aus den yogischen Texten

Bhagavad Gita:

Kapitel 18, Vers 5
In diesem Vers betont Krishna, dass wahre Askese nicht im äußeren Erscheinungsbild oder in extremen Praktiken besteht, sondern in einer Haltung der Hingabe und des Aufopferns. Es geht darum, das richtige Maß zu finden:
„Asketische Handlungen, die von Egoismus und Gier begleitet sind, führen nicht zu wahrer Reinheit. Wahre Askese ist eine Handlung, die dem höchsten Wohl dient und nicht auf persönliches Verlangen ausgerichtet ist.“

Kapitel 17, Vers 14
In diesem Vers wird Tapah als eine Form der Askese beschrieben, die aus einem reinen, selbstlosen Motiv entsteht und zum spirituellen Fortschritt führt:
„Tapas, das auf dem Weg des Wissens und der Wahrheit übt, ist der Weg des Yoga. Es ist das Üben von Askese durch den Körper, das durch das Streben nach Reinheit, Wahrheit und der Hingabe an den Höchsten erreicht wird.“
Hier wird Tapah als etwas vorgestellt, das den spirituellen Fortschritt unterstützt, wenn es mit einem reinen Herzen und in Einklang mit den höheren Zielen der Selbstverwirklichung ausgeübt wird.

Kapitel 17, Vers 19
Krishna erklärt, dass Tapah, das im Einklang mit dem eigenen Dharma und ohne Kummer durchgeführt wird, im Sattva-Guna (Reinheit) verwurzelt ist:
„Tapah, das im Einklang mit den eigenen Pflichten und ohne das Streben nach Belohnung ausgeführt wird, ist dem Sattva-Guna zugehörig.“

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