Neulich habe ich gefastet – eine Praxis, die ich gerne zu Jahresbeginn durchführe. Doch dieses Mal verlief es ganz anders als erwartet: Es war hart und sogar schmerzhaft. Nachts bekam ich Krämpfe in den Beinen, und tagsüber fehlte mir die Energie für alles. Nach drei Tagen stellte sich keinesfalls das glückliche Gefühl ein, das ich in der Vergangenheit empfunden hatte. Ich fühlte mich weiterhin schlapp und zunehmend unmotiviert. Es fällt mir schwer, von einem Ziel abzuweichen – das Gefühl des Scheiterns meldet sich dann immer. Doch mein Körper sprach eine klare Sprache, und so entschied ich, das Fasten zu beenden. In der Nacht zwischen dem vierten und fünften Tag stand ich auf, tunkte eine wunderbar reife Banane und eine Scheibe Toastbrot in warme Hafermilch und genoss sie in vollen Zügen. Das Fasten war gebrochen – und ich fühlte mich tatsächlich dankbar. Kein Gefühl des Scheiterns. Im Gegenteil: Ich spürte große Dankbarkeit mir selbst gegenüber für die Entscheidung, auf meinen Körper gehört zu haben.

Diese Erfahrung hat mir noch einmal vor Augen geführt, dass Willensstärke nicht bedeutet, um jeden Preis an etwas festzuhalten. Vielmehr ist sie eine innere Haltung, die uns befähigt, mit Klarheit und Entschlossenheit zu handeln – und auch loszulassen, wenn es nötig ist.

Unter den typischen Feuerqualitäten darf Willensstärke nicht fehlen. Doch genauso wie bei der Disziplin möchte ich auch diese Qualität auf eine sehr menschliche Art und Weise betrachten – nicht als die Fähigkeit, alles Mögliche zu tun, um ein konkrettes Ziel um jeden Preis zu erreichen.

Wie alle Herzqualitäten, mit denen wir im Element-Yoga arbeiten, bergen Feuerqualitäten meiner Meinung nach besonders oft die Gefahr, das Prinzip der Gewaltlosigkeit zu verletzen. Disziplin, Willensstärke, Mut und Integrität können leicht mit Rigidität verwechselt werden – sei es im Umgang mit uns selbst oder mit anderen – und dadurch zu Verletzungen führen.

Deshalb ist es wichtig, Willensstärke prozessorientiert zu betrachten. Nicht das Ziel ist entscheidend, sondern das, was wir auf dem Weg dorthin lernen, üben und fördern. Dazu gehört auch die Fähigkeit loszulassen, wenn wir erkennen, dass der Weg nirgendwohin führt. In diesem Sinne ist Willensstärke eine mentale Disposition, die uns in unserem Tun bekräftigt. Wenn wir etwas wirklich wollen, sind wir in der Lage, unsere Mittel gezielt einzusetzen, um den Weg – oder besser gesagt, alle möglichen Wege – dorthin zu gehen. Gerade dieses Nicht-Beharren, das Nicht-Anhaften an eine einzige Lösung (ein zentrales Konzept in der Yoga-Philosophie), ermöglicht Akzeptanz. Es erlaubt uns, den Kurs zu ändern, wenn wir merken, dass wir uns oder andere auf dem Weg zum Ziel verletzen.

Denn Willensstärke (Tapas) geht Hand in Hand mit Svādhyāya (Selbststudium, Achtsamkeit), wie es im Yoga Sutra 2.1 beschrieben wird.

In der Bhagavad Gita (Kap. 18, 33–35) wird die Festigkeit (dhṛtyā – hier Willensstärke) im Hinblick auf die drei Gunas erklärt. Während eine tamasische Festigkeit als festhalten an destruktiven Zuständen und eine rajasische als Streben nach Macht, Besitz oder Ruhm beschrieben wird, bedeutet sattvische Festigkeit die Fähigkeit, unser Prana (Energie) und unsere geistigen Fähigkeiten auf das Erreichen eines Ziels auszurichten.

Und in der Yoga-Praxis? Ich mag es, dieses Thema mit kraftvollen Sequenzen anzugehen und den Fokus auf den Prozess der Stärkung der inneren Willenskraft zu lenken: Was hilft mir, während herausfordernder oder anstrengender Asanas dabei zu bleiben? Erkenne ich den Punkt, an dem meine Willensstärke meine innere Kraft nicht mehr fördert, sondern eher blockiert? Kann ich dann aufhören?

Und was bedeutet Willensstärke für dich?

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